Nach einjähriger Pilotphase führt das Untergäu die offene Jugendarbeit weiter

Nach einjähriger Pilotphase führt das Untergäu die offene Jugendarbeit weiter

Von und für Jugendliche: Das neue Logo der OJUG, das durch die Jugendliche Amina Safari (vorne links) erarbeitet wurde, und die zuständigen Gemeindevertretenden der Verbundsgemeinden sowie Fachpersonen der OJUG.

Insbesondere sozial benachteiligte Jugendliche würden stark von der professionellen Betreuung im Jugendtreff Kappel profitieren. Ziel ist es, den jungen Menschen einen Schutzraum zu geben und sie in die Gesellschaft und das politische Geschehen einzubinden.

«Jugendliche wollen einen Ort für sich haben, sie wollen sich ausprobieren und ohne Leistungsdruck zusammen sein können», sagt David Bieli, Geschäftsleiter der Kinder- und Jugendförderung KJFB, und zeigt auf das Interieur des Jugendraums in Kappel: Eine Bar, ein Billardtisch und eine leere Wand. Diese sei ein aktuelles Projekt der Jugendlichen, sie wollen die freie Stelle nach ihren eigenen Vorstellungen mit Bildern und Plakaten ausgestalten. Um die 28 Jugendliche würden am Mittwochnachmittag und am Freitagabend, wenn der Raum geöffnet ist, jeweils kommen.

Die Gemeinden sind jetzt vom Angebot der KJFB überzeugt

Der Raum an der Schulhausstrasse in Kappel bleibt den Jugendlichen nun mit Sicherheit erhalten. Nach einer einjährigen Pilotphase haben die vier Verbundgemeinden Gunzgen, Hägendorf, Kappel und neu auch Rickenbach entschieden, die Arbeit der KJFB weiterhin und zeitlich unbeschränkt zu unterstützen. Zudem erhöhten die Gemeinden das Anstellungspensum für die Mitarbeitenden der KJFB von 40 auf 60 Prozent. Die Finanzierung übernehmen die vier Gemeinden jeweils im Verhältnis zu ihrer Einwohnerzahl und der Anzahl Jugendlicher, die den Raum besuchen.

«Das freut uns sehr», sagt Ruedi Schärli. Der Präsident der Kappeler Kommission Kultur und Soziales hat sich stark für eine professionalisierte Jugendarbeit im Untergäu eingesetzt. «Es war nicht gerade einfach, die Gemeinden ins Boot zu holen, weil das halt auch Geld kostet.» Mit einer Informationsveranstaltung und klaren Zielsetzungen hätten sie die Gemeinden 2022 schliesslich überzeugen können, die Arbeit der KJFB für ein Jahr zu testen.

Ein Schutz- und Freiraum

Dass das Mandat an die KJFB nun unbefristet übergeben wurde, zeigt: Jugendarbeit ist den vier Gemeinden etwas wert. Warum haben sich die vier Gemeinden nun dazu entschlossen, die KJFB weiterhin zu finanzieren, was ist der Nutzen der offenen Jugendarbeit?

«In der Pubertät findet ein kompletter Umbau im Kopf statt», erklärt der ausgebildete Sozialarbeiter Bieli. Es sei eine Zeit, in der man sich ausprobieren, sich selbst kennenlernen wolle. Darum sei es wichtig, dass die jungen Menschen auch einmal ohne fremde Erwartungen entspannen und mit Gleichalterigen zusammen sein könnten. Deshalb gebe es im Jugendraum auch keine aufgeschriebenen Regeln, dafür aber ausgebildete Betreuungspersonen, die für einen sicheren Rahmen sorgen würden.

Das Angebot diene aber auch dem Jugendschutz, sagt Bieli. Das Fachpersonal würde auffallend viele Gespräche mit den Jugendlichen über deren familiäre, schulische und berufliche Sorgen und Ängste führen. «Viele Jugendliche erzählen, dass sie stark unter Leistungsdruck stehen», führt Bieli aus. Nicht nur in der Schule oder in der Lehre, sondern auch zu Hause und in den Vereinen gehe es oft indirekt um Wettbewerb, etwa in Sport- oder Musikvereinen.

Gesellschaftliche und politische Integration

Dann gebe es auch viele Jugendliche, die in ihrer Freizeit nicht wüssten, was sie tun sollen. «Wir wollen nicht, dass sie am Abend am Bahnhof herumhängen», ergänzt Schärli. Das sei auch im Interesse der Gemeinden. Gerade junge Menschen aus benachteiligten Gesellschaftsschichten bräuchten nicht nur einen Ort, an dem sie sich am Abend aufhalten könnten, sondern auch eine sinnvolle Beschäftigung. Etwa, indem sie den Raum mitgestalteten.

Zudem hätten viele einen Migrationshintergrund, rund 40 Prozent der Jugendlichen in der Region, sagt Schärli. Besonders für diese jungen Menschen sei es wichtig, dass sie das Gefühl bekommen, an ihrem Wohnort etwas bewirken zu können. Dafür würde die KJFB auf sogenannte non-formale und informelle Bildung setzen, erklärt Bieli. Das heisst: Jugendliche sollen politische Prozesse nicht nur theoretisch in der Schule lernen, sondern selbst erleben können. Etwa, indem sich ein Vertreter der Gemeinde mit ihnen an den Tisch setzt, um mit ihnen ihre Anliegen zu besprechen.Alles in allem würden sich die jungen Menschen im Jugendraum gut benehmen. Klar gehe es manchmal auch turbulent zu und her, sagt Bieli, doch das gehöre auch zu dem Alter dazu. Erfreulich sei, dass bei ihnen Alkohol kein Thema sei. Das zeige, dass der Jugendtreff gut geführt werde.

Link Zeitungsbericht

Legales Graffiti: In Trimbach lernen Kinder vom Profi, wie man richtig Wände besprayt

Legales Graffiti: In Trimbach lernen Kinder vom Profi, wie man richtig Wände besprayt

Die Offene Kinder- und Jugendarbeit Trimbach organisiert in den Frühlingsferien einen Kurs mit Graffitikünstler Raphael Fahrni. Ziel ist es, Farbe in den Dellenpark zu bringen.

«Endlich mal was anderes als Grau», sagt einer. Und ein anderer wünscht sich «etwas cooles, wie einen Löwen»: Die Schar von jungen Trimbachern – alles Knaben – um Graffitikünstler Raphael Fahrni ist energiegeladen und voller Tatendrang.

Sie sind gekommen, um in Trimbachs Dellenpark während den Frühlingsferien graue Betonwände in Graffitikunstwerke zu verwandeln. Entsprechend ungeduldig sind sie am ersten Tag des Projekts, die Spraydosen endlich in Händen zu halten. Organisiert hat den Kurs die Offene Kinder und Jugendarbeit Trimbach, kurz OKJAT. Es ist das erste grössere Projekt, nachdem auch sie von den Sparmassnahmen des Trimbacher Gemeinderats betroffen war.

Die Euphorie kanalisieren

Des Kursleiters erster Job ist es nun, die Euphorie zu kanalisieren. Ziel sei es nämlich, im Dellenpark Graffitikunst zu sprayen, die alle anspreche, sagt Graffitikünstler Fahrni. In diesem ersten Teil des Workshops begeht er mit den Kindern den Park: «Wir müssen den Standort auf uns wirken lassen», sagt Fahrni den Trimbacher Buben. «Es geht darum, den Kindern und Jugendlichen so viel Freiraum zu geben wie möglich, aber dennoch klare Grenzen zu setzen. Also Sexismus, Rassismus, Diskriminierungen im Allgemeinen sind klar verboten», erklärt er später.

Wenn Fahrni vorne steht, merkt man ihm die Erfahrung an: Hier holt er den einen zu sich, der auf eine Mauer geklettert ist, dort dreht er vorlaute Bemerkungen ins Positive. «Ich betreibe eine Einzelfirma und erhalte öfters Aufträge wie diesen.» Das wird offensichtlich, denn Fahrni weiss den Übermut der Buben zu zügeln und führt sie gekonnt in den künstlerischen Prozess ein, indem er Gruppen ihre Betonleinwandwand selbst wählen lässt und auf Chancen und Herausforderungen eingeht. «Die Arbeit mit den Jungen ist zwar zuweilen schon anstrengend, aber auch enorm zufriedenstellend», sagt er.

Fast nur Buben sind dabei

Das einzige Mädchen stösst etwas später dazu. Umgehend wird sie in eine der zuvor gebildeten Gruppen integriert. Alle sollen ihren Platz haben in dieser Gemeinschaft, auch solche, die neu dazukommen. Einziges Kriterium: Sie müssen in Trimbach wohnen.

Seit vergangenem Oktober wird die OKJAT von Alexandra Felber und Claudia Meier in insgesamt 60 Stellenprozenten gemeinsam geleitet. Man merke, dass vor allem Kinder mit Migrationshintergrund am Angebot der OKJAT teilnähmen, das führe unvermeidlich zum Zusammenprall der verschiedenen Wertvorstellungen, sagt Felber.

«Neulich beim Pizzaabend kam ein Knabe zu mir und klagte, ein Mädchen liesse ihn nicht kochen, nur Frauen dürften in der Küche wirken. Ihre Familie war neu zugezogen und ich musste ihr dann erklären, dass bei uns alle kochen dürfen», sagt die Jugendarbeiterin. Auch selbst merke sie, dass sie sich den Respekt von Jungen mehr erarbeiten muss, als ihre männlichen Berufskollegen. Darum sei es zentral, dass Gleichstellung und Inklusivität thematisiert würden – eben auch in den Graffiti.

Die Kinder und Jugendlichen arbeiten noch diese und nächste Woche jeweils am Mittwoch und Freitag im Dellenpark. Ab dem 12. April können die neuen Kunstwerke dann bestaunt werden.

Link Zeitungsbericht

Kinder- und Jugendförderung

Kinder- und Jugendförderung

Während der Kinder- und Jugendtage (15. – 18.11.2023) präsentierten wir gemeinsam mit motti einen Informationsstand und hatten die Möglichkeit, unser Angebot einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Darüber hinaus wurden im ganzen Kanton vielfältige Aktivitäten für unterschiedliche Zielgruppen angeboten. Im Zeichen des diesjährigen Fokusthemas «Recht auf Förderung» fanden in unseren offenen Kinder- und Jugendfachstellen verschiedene Programmpunkte statt.